Einblick in die geschichtliche Entwicklung der Ordensgemeinschaft
Es sollte kein Aprilscherz sein, als am 1. April 1910 die Schwestern Unserer Lieben Frau die Leitung der „Katholischen Höheren Privat Mädchenschule“ der Gemeinde St. Peter und Paul übernahmen.
Seit über 100 Jahren sind wir an dieser Schule tätig.
Was bewegte die Schwestern, diesen Dienst zu übernehmen? Welche Grundhaltungen prägten ihre Begegnungen mit Eltern, Kindern, Lehrkräften, mit Vertretern von kirchlichen und staatlichen
Behörden?
Ein Blick in die geschichtliche Entwicklung unserer Ordensgemeinschaft kann dazu beitragen, diese Fragen zu beantworten. Dabei möchte ich gerne die Gründerin der „Schwestern Unserer Lieben Frau“
vorstellen: Julie Billiart sowie die beiden Frauen Hilligonde Wolbring und Elisabeth Kühling, die unsere Gemeinschaft in Deutschland entstehen ließen.
Julie Billiart, geboren am 12.07.1751 in Cuvilly (Nordfrankreich), gestorben am 8. April 1816 in Namur (Belgien), wächst in einer einfachen und armen Familie auf, deren Leben getragen wird von
einer praktizierten Frömmigkeit. Schon als Kind verspürt sie eine tiefe Sehnsucht, die erfahrene Nähe und Güte Gottes mit anderen zu teilen. Immer wieder trifft sie sich mit Kindern oder mit
Erwachsenen. Im Alter von 23 Jahren erkrankt sie schwer. Sie ist in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, und auch das Sprechen macht ihr Mühe. Dennoch bleibt sie im Kontakt mit den Menschen,
die sie immer wieder aufsuchen, um für den eigenen Glauben eine Anleitung zu erhalten. Freundschaften werden ausgebaut. Es wächst in ihr der Wunsch, eine Gemeinschaft von Frauen zu gründen, die
mit ihr zusammen das Gut-sein Gottes an andere Menschen weitergeben. Dabei hat sie den ganzen Menschen im Blick, sie möchte ihm Hilfen anbieten, um zu gelungener Lebensentscheidung und
–gestaltung zu kommen. Besonders Kindern, vor allem Mädchen gilt ihre Aufmerksamkeit. Ihnen ermöglicht sie eine Ausbildung, indem sie Dorfschulen gründet. Kindern aus sozial schwachen
Verhältnissen wird das Schulgeld erlassen.
Julie verwirklicht mit ihren Mitschwestern in faszinierend einfacher Weise die Einheit von Glauben und Leben. Die Mitte, aus der sich ihre dynamische Wirksamkeit entfaltet, ist die
Grunderfahrung der Güte Gottes. In ihr findet sie den Maßstab ihres Urteilens und Handelns, den sie konsequent anlegt. Niemandem wird Bildung verwehrt. Während in der damaligen Kirche die
Menschenrechte, die im außerkirchlichen Raum proklamiert wurden, auf wenig Verständnis stoßen, erfasst Julie Billiart den christlichen Kern:
Die Faszination, die von der von Julie gegründeten Gemeinschaft ausgeht, endet nicht mit ihrem Tod. Neue Gemeinschaften bilden sich in den Niederlanden und auch in Deutschland. Zwei Frauen, die
in Coesfeld im Lehrberuf tätig waren, Hilligonde Wolbring und Elisabeth Kühling, hatten ein waches Gespür für die Not und Hilflosigkeit der Kinder, die aufgrund der Berufstätigkeit der Eltern, es
war die Zeit der Industrialisierung, oft allein waren. Sehr spontan nimmt Hilligonde eines dieser Kinder in ihre Wohnung auf und sorgt für es. Ziel ist es, den Menschen die befreiende Botschaft
des Evangeliums als Quelle eines sinnerfüllten Lebens zu erschließen. Auch hierbei geht es um die Entwicklung eines ganzheitlichen Lebens.
Beiden Frauen ist es ein Anliegen, ihre Tätigkeit auszuweiten und sich dabei ganz zur Verfügung zu stellen. So lernen sie durch die Vermittlung eines Priesters die Schwestern Unserer Lieben Frau
kennen. Mit der Sorge für sieben Kinder beginnt 1849 die apostolische Arbeit der Gemeinschaft. Schwestern aus den Niederlanden vermitteln den beiden Lehrerinnen die Spiritualität der Schwestern
Unserer Lieben Frau. Seit dem 1. Oktober 1850 arbeiten Hilligonde als Schwester Maria Aloysia und Elisabeth als Schwester Maria Ignatia weiter.
Viele Verhandlungen mit den Schulbehörden sind zu führen, damit ihre Tätigkeit anerkannt wird. Unterrichtsprüfungen werden vom Staat abgehalten. Beide Frauen finden gute Akzeptanz. Sie legen Wert
auf eine gute Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, auf gegenseitige beratende Gespräche, auf eine vertrauensvolle offene Begegnung, auf eine tiefe personale Wertschätzung des Kindes als
obersten Maßstab jeder pädagogischen Einflussnahme, auf den Rückhalt und die Stärkung durch ein intensives Gebetsleben. Gottes Güte soll den Menschen erfahrbar gemacht werden, damit auch sie zum
Glauben kommen können.
Schon bald breitet sich die Gemeinschaft aus. Nach fünf Jahren zählt sie schon 43 Schwestern. Bei aller Sorge für die Kinder geht es jedoch auch um eine gute Ausbildung derer, die unterrichten
sollen. Es wird u.a. ein Lehrerinnenseminar gegründet. Man beginnt an vielen Orten die Kinder gründlich und gut zu unterrichten und sie im wahrsten Sinne des Wortes zu erziehen.
Wir versuchen, dem Auftrag der ersten Schwestern gerecht zu werden und unsere Mädchen anzuleiten, sich für das Leben einzusetzen.
Übersicht über die geschichtliche Entwicklung der Liebfrauenschule
1900 Gründung durch die Kirchengemeinde St. Peter und Paul
1901 Eröffnung des „Lyzeums"
1910 Übernahme der Schule durch die Schwestern Unserer Lieben Frau
1911 Neubau von Schule und Internat an der Schwarzbachstraße
1912 Endgültige staatliche Anerkennung der Schule
1914 Kriegsausbruch. Einrichtung eines Kriegslazaretts im Hause, dennoch Fortsetzung des Schulunterrichtes
1918 Schule als Quartier für durchziehende Truppen
1919 Eröffnung der Frauenschule
1938 Stufenweise Aufhebung der Schule durch den Nationalsozialismus
1939 Vollständige Räumung des Hauses; Einzug des Luftgaukommandos IV; Fortsetzung des Unterrichts in der städtischen Oberschule
1940 Auflösung der Schule
1943 Einzug des Feldgerichts
1945 Lazarett für 100 kranke und alte Menschen, Turnhalle (jetzige Aula) nach der Zerstörung von Peter und Paul als Notkapelle
1948 Eröffnung der Frauenfachschule
1950 Staatliche Anerkennung der Frauenfachschule
1954 Neueinrichtung der Mädchenrealschule unter der Leitung von Schwester Ildefonse
1957 Erweiterungsbau und staatliche Anerkennung der Mädchenrealschule
1960 Schwester Bonifaza wird Schulleiterin
1967 Neubau Schulpavillon Waldschule I
1978 Neubau Schulpavillon Waldschule II
1980 Errichtung einer Doppelturnhalle
1984 Einrichtung des Informatikraumes
1985 Beginn des Tagesinternates
1987 Umbau der ehemaligen Sporthalle zur Aula
1989 Anerkennung als Fördereinrichtung für spätausgesiedelte Schülerinnen
1990 Beginn des Tagesinternates für spätausgesiedelte Schülerinnen Einrichtung des Neigungsschwerpunktes Informatik
1992 Renovierung der Schulküche
1993 Wechsel in der Schulleitung. Schwester M. Bonifaza geht in den Ruhestand, Herr Steggers wird ihr Nachfolger.
1994 Übernahme der Schule durch das Erzbistum Köln
1996 Pensionierung von Frau Loewenich-Müller. Herr Bärens wird stellvertretender Schulleiter, Herr Wüstenberg übernimmt die Funktion des 2. Konrektors.
1997 Auflösung des Internates. Umbau der Internatsräume zu Klassenräumen.
1998 Einrichtung eines kombinierten Chemie-/ Biologieraumes und eines Freiarbeitsraumes
1999 Vier neue Klassenräume werden eingerichtet.
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